Die Anschauungen zu den sogenannten Äthern entspringen in der Geisteswissenschaft dem Gedanken, dass die Materie oder der „Stoff“ an sich kein Leben hervorbringen kann. Vielmehr sind die heute vorzufindenden Formen der Materie, zum Beispiel die verschiedenen chemischen Elemente und auch ihre Feinstruktur das Ergebnis oder der physische Ausdruck ehemaliger kosmischer Lebensprozesse. Man kann die heutigen Stoffe als rein physische Erscheinung, vielleicht in etwas makabrer Weise, durchaus mit der Substanzialität einer Leiche vergleichen, die sozusagen zeugt von dem ehemaligen Leben eines Menschen, aber selbst kein Leben mehr darstellt.
In diesem Sinne der Geisteswissenschaft muss also die Materie oder der Stoff von den Ätherkräften durchdrungen werden, damit es sich überhaupt um eine belebte Materie handelt. Ein lebender Organismus ist also nach den hier vorgestellten Gedanken niemals nur rein physische Substanz, sondern durchzogen von Lebenskräften oder Ätherkräften, die überhaupt erst die Grundlage für die physiologischen und biochemischen Prozesse in der Materie bilden.
Die Abgrenzung des hier gebrauchten Begriffs „Äther“ von der Verwendung in anderen Fachgebieten
Der hier verwendete Ätherbegriff soll auch nicht mit dem Folgenden verwechselt werden, bei dem ebenfalls der Begriff „Äther“ verwendet wird:
Mit der chemischen Substanz „Äther“ oder den „ätherischen Ölen“. Mit Äther oder „Ether“ wird in der Chemie zum Beispiel die Verbindung Diethylether als chemische Substanz bezeichnet.
Bild: Güther Pauli
Molekülmodell des Diethyethers: Der Diethylether ist bei Raumtemperatur eine leichtflüchtige Flüssigkeit, welche narkotisierende Dämpfe freisetzt. Er wurde daher früher bei operativen Eingriffen in der Chirurgie zur Betäubung eingesetzt.
Mit dem Äther als physische, wenn auch sehr feine Substanz, in der sich nach den Vorstellungen des 19. Jhdts. das physische Licht ausbreiten sollte. Dessen Nichtexistenz wurde durch das Michelson-Morley-Experiment nahegelegt, das vom deutsch-amerikanischen Physiker Albert A. Michelson 1881 in Potsdam und in verfeinerter Form von ihm und dem amerikanischen Chemiker Edward W. Morley 1887 in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio durchgeführt wurde.
Bild: Martin Sinzinger
Kreisförmige Wellen auf einer Wasseroberfläche. Diese Wellen benötigen das stoffliche Medium des Wassers für ihre Existenz und Ausbreitung. Ähnlich deutete man im 19. Jhdt. das Licht als wellenartige Erscheinung und vermutete, dass ein stoffliches, wenn auch sehr feines Medium, der „Äther“, als Grundlage für ihr Auftreten und ihre Ausbreitung existieren muss.
Die Äther selbst sind also keine materielle Stofflichkeit und gehören nicht der physischen Welt an, ja nicht einmal dem gewöhnlichen dreidimensionalen Raum, sie konstituieren vielmehr diesen Raum, „spannen diesen auf“, wie es Heinz Grill einmal äußerte und wirken lebenserhaltend in die physische Welt hinein. Sie ergreifen die Stofflichkeit, kommen aber nicht aus dieser, denn sie entspringen einer raumenthobenen Dimension und unterliegen keiner Schwerkraft. In ihnen wurzelt daher auch das Vermögen eines Organismus, sich entgegen der Schwerkraft zu erheben und sich zu bewegen (siehe hierzu zum Beispiel Ernst Marti, „Das Aetherische“, Verlag Die Pforte, Basel; Ernst Marti, „Die vier Äther“, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart oder Günther Pauli, „Geist und Materie“, Verlag tredition, Hamburg und auch die Übungsweise in der Yogaasana nach Heinz Grill im Zusammenhang mit den Ätherkräften, "Die Seelendimension des Yoga", Lammers-Loll-Verlag, Sachsenheim-Häfnerhaslach).
Bild: Pixabay, andreas N, CC0 Public Domain
Bereifter Wald im morgendlichen Licht. Das reine Licht selbst ist mit unseren Sinnen ohne das Vorhandensein von materiellen Gegenstanden nicht wahrnehmbar. Auch die "Lichtstrahlen" in obigen Bild erscheinen nur durch die Reflexion des Lichtes an feinsten Wassertröpfchen, also durch das Zusammenspiel von Licht und Materie.
Schon das physische Licht zeigt in seinen Eigenschaften die Grenzen der gewöhnlichen Stoffeswelt und damit die Grenzen der sinnlichen Wahrnehmung für sein Wesen auf:
Entsprechendes gilt für die Ätherkräfte: Auch sie können mit den gewöhnlichen Sinnen nur mittelbar über ihr Zusammenwirken mit der Materie als aktive Dimension vermutet werden. Ein tieferer Zugang zu der Ebene der Ätherkräfte ergibt sich durch geeignete Gedanken und Übungsweisen der Betrachtung, die den Gesetzmäßigkeiten dieser Ebene folgen. Mit diesen Gedanken und Übungen bildet der Mensch neue Sinne aus, allerdings nicht in seinem physischen Leib, sondern in seinem Seelenleib. Eine solche Übungsweise ist zum Beispiel auf dieser Webseite unter "Übungsweg" kurz beschrieben.
Grundlegende Eigenschaften der Äther
Die folgende weitere Darstellung über die Äther erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, das heißt, dass hier alles schon dargestellt werden würde, was es über die Äther zu sagen gibt. Vielmehr liegt es gerade im Interesse dieser Seite und der auch von ihr vertretenen Seminare und Veranstaltungen, die Forschungen zu den Äthern oder auch zu den weiteren feinstofflichen und geistigen Ebenen des Daseins anzuregen und fortzuführen.
Eine Grundeigenschaft der Äther ist das „Verbinden“ in Form von Bewegung und Gegenbewegung, was sich etwa bei der Betrachtung einer Pflanze schon erahnen lässt:
Wachstum und Ätherkräfte: Der obere Bereich des Baumes zeichnet sich in den Zweigen und Blättern durch das Ausbilden neuer Substanz aus, während im Stammbereich eine Verdichtung und Verholzung der Stoffe stattfindet. Damit die Pflanze eine gesundes Wachstum aufweist, müssen Aufbau- und Verdichtungs- oder Abbauvorgänge in einem Gleichgewicht sein. Die im Bild angedeuteten Ätherkräfte führen die Ausdehnung und das Zusammenziehen, die belebte Materie der Pflanze folgt diesen Kräften nur nach und es ergibt sich eine Einheit oder Verbindung aus einem gesunden Stamm und der Krone des Baumes, die vom Stamm getragen wird.
Die Pflanze wird also in ihrer stofflichen Erscheinung zum Abbild der an ihr für unsere physischen Sinne unsichtbar wirkenden Ätherkräfte, ihr gesundes Wachstum ist also nicht einfach nur „Zunahme“ oder „Stoffanhäufung“, sondern ein ausgewogenes Zusammenspiel von Ausdehnung und Zusammenziehung.
In der Ätherwelt findet sich also allgemein gesprochen, zunächst einmal ein duales Prinzip von Bewegung und Gegenbewegung, wie es sich dann auch in der physischen Welt abbildet. Die Zweiheit der Dynamik ist ein wesentliches Charakteristikum der Ätherkräfte und sie tritt zum Beispiel an den Pflanzen nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich auf: Eine Ausdehnung in den Blättern, ein folgendes Zusammenziehen in der Blütenknospe, eine erneute Ausdehnung in der Blüte selbst und schließlich ein Verdichten in Früchten und Samen. Goethe beschrieb diesen Wechsel als Metamorphose des Pflanzenwesens aus einer Urform heraus.
In einer etwas genaueren Erforschung der Ätherbewegungen, wie sie zum Beispiel von Heinz Grill erfolgte, zeigen sich weitere charakteristische Merkmale dieser Kräfte. Gerade deren Eigenheiten deuten an, dass die Ebene der Ätherwirkungen nicht im physischen Raum liegt. Dies stellt an das gewöhnliche Denken eine besondere Anforderung und Heinz Grill bemerkt hierzu: "Das gewöhnliche Denken braucht eine neue Bezugsrichtung und Umformulierung, damit es befähigt wird, den Prozess des Lebendigen im Sinne der ätherischen Gesetze zu denken" (siehe hierzu zum Beispiel Heinz Grill, Kosmos und Mensch, Stephan Wunderlich Verlag, Sigmaringen, S.25 bis 29).
Die Gesetze des lichthaften Ätherwirkens können vielleicht mit den Gesetzen der Geometrie verglichen werden. Dargestellt im obigen Bild ist eine Kugel mit ihren vom Punkt A aus gebildeten Tangenten, die mit der aus den zugehörigen Berührpunkten gebildeten Schnittebene und deren zentralen Lot zum Punkt B führen. Zwischen den Punkten A und B existiert also eine gesetzmäßige Beziehung, aber nicht im Sinne einer kausalen Wirkung, die von A nach B geht, etwa im Sinne von „A bedingt B", sondern vielmehr im Sinne eben der geometrischen Gesetze, die augenblicklich und immer oder „zeitlos und ewig“ und auch umkehrbar sind. A existiert immer zusammen mit B und umgekehrt. Wir müssen bei obigen Bild aber unbedingt beachten, dass die dargestellten Linien eben keine Kräfte oder "physikalische Strahlen" und dergleichen darstellen, sondern eine gesetzmäßige Beziehung zwischen A und B andeuten, die rein immaterieller Natur ist.
Nach den aus früheren Kulturepochen übermittelten Darstellungen und nach den geisteswissenschaftlichen Forschungen Rudolf Steiners lassen sich in ihren besonderen Eigenheiten vier Ätherarten unterscheiden. Es sind dies der Wärmeäther, der Lichtäther, der chemische Äther und schließlich der sogenannte Lebensäther. Wir können die Wirkungen dieser verschiedenen Kräfte im einzelnen studieren, wenn wir uns fundierte Vorstellungen über den speziellen Äther bilden. Daher werden die einzelnen Ätherarten in gesonderten Punkten auf dieser Webseite beschrieben.
In den Beschreibungen der Anthroposophie Rudolf Steiners tritt außerdem zu jeder Ätherart ein vermittelndes Elementarwesen hinzu, das aber nicht mit dem Äther selbst verwechselt werden darf. Die Elementarwesen oder „Elemente“ vermitteln zwischen den aus dem Umkreis wirkenden Ätherkräften und den „aus dem Punkt“ wirkenden physischen Kräften (siehe hierzu auch Ernst Marti, „Das Aetherische“, Verlag Die Pforte, Basel, Ernst Marti, „Die vier Äther“, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart oder Günther Pauli, „Geist und Materie“ Verlag tredition, Hamburg). Das jeweilige Elementarwesen wird bei den einzelnen Ätherarten kurz mit vorgestellt.
Die Äther und Zeit und Raum
Nach den Aussagen verschiedener Geistforscher stehen die vier Äther in einer Beziehung zu dem, was wir gewöhnlich Raum und Zeit nennen. Wie schon erwähnt, gehören die Äther nicht zu dem physischen Raum-Zeit-Kontinuum, sondern bilden eine für sich bestehende feinere Wirklichkeitsebene, die aber Raum und Zeit hervorbringt oder, wie das auch bezeichnet wurde, „aufspannt" (siehe hierzu zum Beispiel Ernst Marti, „Das Aetherische", Verlag Die Pforte, Basel, Schweiz oder Günther Pauli, „Geist und Materie", tredition Verlag, Hamburg).
Das folgende Bild mit dem begleitenden Text kann man als Hilfe nehmen, um sich in der Entwicklung einer Empfindung den obigen Aussagen anzunähern:
„Aus einem weiten Umkreis legt sich in einer radialen Bewegung ein erstes Zentrum an. Es ist eine Art Urbeginn, eine beginnende Zeit. Aus dieser Mitte entspringt eine Linie in einer rhythmischen Wellenbewegung. Mit rückläufigen Linien oder Gegenbewegungen entfalten sich flächige Formen, welche sich schließlich zu der dritten Dimension einer plastischen Form wölben."
Was bewegten die Geistforscher Rudolf Steiner und Heinz Grill die Äther zu erforschen?
Aus heutiger Sicht, würde man fragen:
Was hat diese Mühe, etwas Übersinnliche zu erforschen, für einen Sinn und hat sie überhaupt eine Bedeutung für die Welt? Ein uneigennütziger Forschergeist ist uns heute nicht mehr so gegeben, es wird heute immer mehr die meistens auf das Äußerliche gerichtete Frage gestellt: "Was nützt mit das?"
Diese Fragen bewegen den einen oder anderen sicherlich. In unserer Zeit sind die Handlungen meist dem Nutzwert und dem Gewinn unterworfen. Von solchen Erkenntnis-Übungen haben wir oder die Allgemeinheit scheinbar erst einmal nichts, wenn wir es so ausdrücken wollen.
Bei der Beantwortung dieser Fragen müssen wir aber ein Menschenbild zugrunde legen, dass davon ausgeht, dass der Mensch schöpferisch tätig sein kann und nicht ein Rädchen im Getriebe ist. Er kann maßgeblich die Natur, die Menschen und die Geschicke fördern, aber auch zerstören.
Der unbefangene Beobachter wird heute feststellen, dass in der Natur als auch bei den Menschen zum Beispiel die Kraft des Aufrichtens, die leichten, fast schwerelosen aufstrebenden Bewegungen nur noch selten zu finden sind.
Das befeuernde Interesse findet man gerade auch bei der jüngeren Generation nur schwer.
Hier scheint es sich also um einen erheblichen Mangel von Lichtäther zu handeln.
Betrachtet man diese geschilderten Phänomene, so sehen wir in ihnen zunächst allgemein den Ausdruck und das Abbild eines im Gesamten heute bestehenden Menschenbildes, über welches sich der einzelne Mensch oft kaum noch Gedanken macht, das aber dennoch sehr wirksam ist, wie das schon im Punkt "Menschenbild" erläutert wurde. Daher kann die oben angeschnittene Frage zunächst auch allgemein und ohne Anspruch auf Vollständigkeit wie im Punkt Menschenbild beantwortet werden:
Ein wesentliches Element dieser Seminare, Übungen und des ihren Hintergrund bildenden Studienweges ist es, in freier, individueller Entwicklungsarbeit eine Anschauungsgrundlage zu dem Menschen und der Welt zu erbauen, die auf der seelisch-geistigen Wirklichkeitsebene ihren wichtigsten Bezug nimmt und in der Folge ein kulturbildendes Wirken aus der gebildeten Anschauung heraus in den Bereichen Pädagogik, Gesundheit, Medizin, Kunst, Wirtschaft, Lebensgestaltung und so weiter, also allgemein in Welt und Leben ermöglicht. Aus dieser Zielsetzung heraus ergibt sich dann natürlich und notwendig des Bemühen, seelisch-geistige Gesetzmäßigkeiten auch zu erforschen und ihren Zusammenhang mit der äußeren Welt in einzelnen Schritten mehr und mehr herauszuarbeiten.
Beitrag und Zeichnungen: Günther Pauli